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04.10.2018

Die Kappl-Kirchen in Leonberg - Heimatpfleger Manfred Henn informierte

Für viele Besucher dürfte es überraschend sein, dass die katholische Pfarrei Leonberg über drei Kirchen verfügt. Nur noch wenige Gläubige finden den Weg zu den beiden Wallfahrtskirchen in Kappl, die im Spätmittelalter und im Barock bedeutende Wallfahrtsorte darstellten. Um dies wieder ein bisschen zu ändern, begrüßte kürzlich Heimatpfleger Manfred Henn eine Besuchergruppe aus der Pfarrei Steinsberg unter der Führung von Pfarrer Winfried Larisch.

Nach einer kurzen Andacht informierte Manfred Henn die Steinsberger Pilger über die Geschichte der oberen und unteren Wallfahrtskirche: Die untere Wallfahrtskirche „Mutter zu den sieben Schmerzen“ („St. Maria Dolorosa“) stellt eine sogenannte Hl. Blut-Kapelle dar, die ihre Entstehung einer Hostienlegende verdankt. Eine geweihte Hostie wurde verunehrt und konnte von dem Platz, auf dem sie abgelegt worden war, nicht mehr entfernt werden. Nach kurzer Zeit entsprang an dieser Stelle eine Quelle, der wundersame Kräfte bei der Heilung von Augenleiden zugesprochen wurden. Da ähnliche Legenden in Deutschland seit dem 13. Jahrhundert bekannt sind, darf vermutet werden, dass die Wallfahrten nach Kappl im 14. Jahrhundert begannen und die mit einem Brunnen gefasste Quelle in dieser Zeit viele Gläubige anzog.

Nachdem die Pfarrei, wie die gesamte Region, die zum Fürstentum Pfalz-Neuburg gehörte, ab 1542 evangelisch geworden war, schlief die Wallfahrt ein. Erst nach der Gegenreformation (Katholische Reform) ab 1621 wurden die alten Traditionen wieder aufgegriffen. Im Barock und Rokoko war die Wallfahrt so erfolgreich, dass die Untere Kapplkirche aus Platzgründen dem Besucheransturm nicht mehr genügte und 1781-1783 erweitert werden musste. Die Obere Kapplkirche St. Michael war bereits nach dem Dreißigjährigen Krieg renoviert und später (um 1740) dem barocken Zeitgeschmack entsprechend angepasst worden.

Die Kappl-Kirchen in Leonberg – Eine beinahe vergessene Wallfahrtstradition im Stadtgebiet

In seinem Vortrag berichtete Manfred Henn auch, dass sich in der Unteren Kapplkirche bis in die 60er Jahre viele Votivbilder befanden, auf denen Gläubige für die wundersame Erfüllung ihrer Anliegen und Bitten dankten. Diese befinden sich inzwischen im Stadtmuseum Schwandorf. Er regte an, in der Kirche ein Hinweisschild zu installieren, um auf den Verbleib der kunsthistorisch wertvollen Bilder im Museum in Schwandorf aufmerksam zu machen.

Heimatpfleger Manfred Henn wies auch darauf hin, dass in früheren Zeiten Wallfahrten nicht nur der Seelsorge und einem religiösen Anliegen dienten. Oftmals verbanden die Gläubigen die Wallfahrt mit profanen touristischen Absichten. Nach der religiösen Pflichterfüllung wurde im Anschluss gerne Bier getrunken und gut gegessen. Dieser Umstand machte Wallfahrten gerade für adelige Hofmarksbesitzer in wirtschaftlicher Hinsicht interessant. Den aristokratischen Gutsbesitzern in Leonberg (bzw. vor 1672 denen in Teublitz) lag viel daran, die Wallfahrt zu fördern, um hier das in den eigenen Brauereien erzeugte Bier absetzen zu können. Auch die Besucher aus Steinsberg hielten sich an diese Tradition und kehrten anschließend im St. Clemenshaus in Leonberg ein.


Quelle: Dr. Thomas Barth